Innovative Methode zeigt die Dynamik epigenetischer Kontrolle
15.10.2025
Mithilfe der neuen sogenannten Single-cell Epi2-seq-Technik ist es erstmals möglich, zwei epigenetische Marker in einzelnen Zellen parallel zu messen.
15.10.2025
Mithilfe der neuen sogenannten Single-cell Epi2-seq-Technik ist es erstmals möglich, zwei epigenetische Marker in einzelnen Zellen parallel zu messen.
Obwohl alle Zellen eines Individuums das gleiche Erbgut enthalten, zeigen sie eine große Vielfalt an Form und Funktion. Diese Diversität wird durch verschiedene Mechanismen ermöglicht: Bei der DNA-Methylierung werden einzelne Bausteine der Erbsubstanz markiert, um die Aktivität von Genen zu steuern. Das ist genauso ein natürlicher Vorgang wie die sogenannte Histonmodifikation, mit der Eiweiße, um die sich die DNA windet, chemisch verändert werden; auch dies beinflusst die Aktivität von Genen. Zudem spielt die dreidimensionale Anordnung des Erbguts eine Rolle. Diese kollektiv als „Epigenom“ bezeichneten Mechanismen, mit denen der genetische Code selbst nicht verändert wird, werden im Rahmen der Zellteilung vererbt, interagieren vielfältig und sind bei Tumorerkrankungen fehlreguliert.
Ein internationales Team von Forschenden aus Utrecht (Niederland), Oxford (UK), Wuhan (China) und München hat nun mit scEpi2-seq eine Methode entwickelt, die zwei dieser Parameter – DNA-Methylierung und Histonmodifikationen – gleichzeitig in einzelnen Zellen detektiert. Dabei haben die Forschenden zwei Methoden kombiniert: einen antikörper-gesteuerte MNase-Verdau, bei dem die DNA mit einer Art molekularer Schere spezifisch geschnitten wird, und eine chemisch-enzymatische Technik, um DNA-Methylierung messbar zu machen (TAPS). Damit ist es erstmals möglich, die Interaktion epigenetischer Mechanismen in bestimmten Zelltypen zu entschlüsseln.
Die neue Methode zeigt die Verflechtung der untersuchten biologischen Mechanismen. Sie unterstreicht, wie eng die Vererbung von Methylierungsmustern mit dem Zeitpunkt der DNA-Replikation und der Bindung von Proteinen verknüpft ist. Insbesondere in spät replizierten Regionen des Genoms ist der Kopiervorgang für die DNA-Methylierung langsamer. Daneben offenbart sich: Nukleosomen bremsen die Remethylierung – der Methylierungsverlust ist auf Nukleosomen stärker als im Bereich der Linker-DNA. Damit liefert scEpi2-seq erstmals einen direkten Hinweis darauf, dass die Aktivität der Methyltransferasen nach der Replikation durch den Chromatinkontext beeinflusst wird.
Durch die Anwendung in Zellen aus dem Dünndarm der Maus konnte beispielsweise gezeigt werden, dass innerhalb von Regionen mit der Histonmodifikation H3K27me3 zelltypspezifische Methylierungsmuster zu finden sind. Diese Ergebnisse demonstrieren, dass Zellen teils redundante repressive Kontrollmechanismen nutzen.
„Single-cell Epi2-seq erlaubt uns die Wechselwirkung zweier zentraler epigenetischer Ebenen in denselben Einzelzellen zu messen, sowohl in vitro als auch in vivo “, sagt Christoph Geisenberger vom Institut für Pathologie der LMU, der zu den Erstautoren der Arbeit gehört, die jetzt im angesehenen Fachmagazin Nature Methods veröffentlicht wurde. „Das eröffnet uns präzisere Einblicke in das Zusammenspiel und die Vererbung epigenetischer Information. Langfristig hilft uns dies zu verstehen, welche Kontrollmechanismen im Rahmen der Krebsentstehung fehlreguliert sind.“
Christoph Geisenberger, Jeroen van der Berg, Vincent van Batenburg et al. Single-cell multi-omic detection of DNA methylation and histone modifications reconstructs the dynamics of epigenomic maintenance. Nature Methods, 2025